Ein ungewöhnliches Bild: Sonntagabend und wir sind auf dem Weg zur Rennstrecke, nicht nach Hause, wie das üblich ist. Aber die kommende Woche sollte sowieso alles anders werden. Montag und Dienstag standen Training, Qualifying und zwei Rennen auf dem Sachsenring an und Freitag – Samstag das Rennwochenende auf dem Lausitzring. Zwei komplett unterschiedliche Strecken und das gewohnt hohe Niveau der IDM Superbike verhießen eine spannende Woche!

Mit kurzem Zwischenstopp bei meinem Lederkombi-Ausstatter Blitz Racing in Werdau, wo ich meine Ersatzkombi in Empfang nehmen durfte, reisten wir Sonntagabend zum Sachsenring. Kurz vor unserer Ankunft ereilte uns die Nachricht, dass meine bulgarischen Mechaniker eine Panne hatten und am Sonntag nirgendwo Ersatzteile bekamen. So mussten wir die ersten Trainings mit abgespecktem Personal angehen. Bei kalten Temperaturen aber sehr schönem Wetter starteten wir in das FP1. Ich fühlte mich nicht wohl auf dem Bike, was wahrscheinlich meiner Erkältung geschuldet war. Ich beendete das Training auf Rang 11. In FP2 machte ich einen großen Schritt nach vorne und steigerte mich um über eine Sekunde. Damit fuhr ich vor auf Rang 8.

Anschließend stand bereits das erste Qualifying an.  Bereits mit dem Medium Reifen fuhr ich eine sehr flotte Zeit (1:25,1) und hatte damit schon eine sichere Startposition unter den ersten 10. Mit dem weichen Reifen fand ich nochmal zwei Zehntel und beendete das erste Quali auf Rang 6. Leide ging unsere Strategie für das zweite Quali nicht auf, da der Vorderreifen schon zu abgefahren war und ich mich nicht mehr verbessern konnte. Somit fiel ich auf Rang 8 zurück. Trotzdem eine gute Ausgangslage für die Rennen am Dienstag.

Bereits am Morgen im Warm Up hatte ich ein super Gefühl und war bereit für die Rennen! Bei fantastischem Wetter und perfekten Temperaturen war alles angerichtet. Im Lauf Eins hatte ich einen guten Start, wurde jedoch in der ersten Kurve eingeklemmt und von zwei Fahrern überholt. Ich pushte in der ersten Runde und holte mir wieder zwei Positionen. Beim ersten Mal Anbremsen in Kurve Eins bremste ich an meinem üblichen Bremspunkt, doch bereits auf den ersten Metern bemerkte ich, dass sich das niemals ausgehen wird! Der Wind hatte gegenüber dem Warm Up um 180° gedreht und machte es unmöglich, das Bike zu stoppen. Ich fuhr in den Kies und kam als letzter wieder auf die Strecke. Zu meinem Glück gab es noch in dieser Runde einen Abbruch und das Rennen wurde neu gestartet. Ich startete erneut von Rang 8 und bekam noch eine zweite Chance. Diesmal fiel ich in der Startphase bis auf Rang 12 zurück und merkte sofort, dass mein Bike extrem wenig Traktion hatte. Am Sachsenring, wo man quasi nur in Schräglage fährt, ist das tödlich. Ich kämpfte mit allen Mittel, um an meinen zwei Vordermännern dranzubleiben. In der letzten Runde konnte ich beide noch überholen und kam auf Rang 10 ins Ziel. Doch es war klar, dass wir etwas am Set-Up finden mussten, denn meine Zeiten waren nicht konkurrenzfähig. Mit unserem Fahrwerkstechniker, Elektronik-Experten und den Mechanikern tüftelten wir eine Lösung für Lauf Zwei aus. Und es funktionierte. Nach Start von Rang 10 und P12 nach der ersten Runde, kämpfte ich mich auf Rang 9 und stetig näher an Erwan Nigon auf Rang 8 heran. 5 Runden vor Schluss überholte ich ihn und fuhr allmählich an die Gruppe bis Rang 2 heran. Doch die Lücke war zu groß und ich kam auf dem achten Rang ins Ziel. Doch es trennten mich nur vier Sekunden von Rang Zwei und diese Verlor ich in den ersten Runden, als ich mich durchs Feld kämpfen musste. Danach waren meine Zeiten absolut vergleichbar, teilweise sogar schneller.

Das war ein großer Schritt in die richtige Richtung, denn wir hatten nun die Pace des Podiums erreicht! Bei enorm hohem Niveau, denn Jonas Folger, der beide Rennen gewann, hält auf dieser Strecke nach wie vor den MotoGP Rundenrekord! Und auf diese Zeit verlor ich lediglich 3,4 Sekunden … auf einem Stock-Bike! Mit diesem Ergebnis und den Fortschritten reisten wir hoch motiviert zum Lausitzring, um genau da anzuknüpfen, wo wir gerade aufgehört hatten.

Nach einem schönen Nachmittag am See verbrachten wir den freien Donnerstag im Fahrerlager des Lausitzrings. Entspannung, Track-Walk, Aufbau der Boxeneinrichtung und die Festlegung der Strategie standen auf dem Programm.

Am Freitagmorgen ging ich extrem motiviert in das erste Training, doch dann erlebte ich erst mal einen Kulturschock. Von der wunderschönen MotoGP Strecke am Sachsenring trafen wir hier eher auf eine Motocross-Strecke. Daher funktionierte unser Set-Up überhaupt nicht. P11 in FP1. Also krempelten wir das Bike um und gingen erneut auf die Jagt. Im zweiten Training klappte es schon etwas besser, doch so richtig wohl fühlte ich mich immer noch nicht. Ein paar kleine Änderungen hatten wir noch im Köcher für das FP3. Und dann klappte es! Ich fand 1,4 Sekunden und fuhr auf Rang 5 nach vorne! Zur Überraschung des Teams auch vor meinem Teamkollegen.

Am Samstag fanden wir schwierige Bedingungen vor. Unser erstes Qualifying startete bereits um 9:30 Uhr. Um diese Uhrzeit war es noch sehr kalt. Daher entschieden wir uns, alle Reifen für das Q2 zu sparen, um dann voll attackieren zu können und das Problem, welches uns am Sachsenring ausgebremst hatte (zu alter Vorderreifen), zu lösen. Die Zeiten der Konkurrenz waren nicht sehr beeindruckend und ich sah, dass heute sehr viel möglich ist. Hoch motiviert fuhr ich in Q2 auf dem ersten Satz Reifen auf die Strecke. Ich drehte erst zwei vorsichtige Runden, um eine sichere Startposition zu haben. Erst 1:40,8 dann 1:40,4 (Im Vergleich dazu am Freitag 1:40,0 auf P5). Dann begann ich zu pushen und fuhr bereits zwei Zehntel in den ersten drei Kurven raus. Doch dann passierte mir zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt ein kleiner Fehler. In Kurve Vier wollte ich etwas zu viel und verlor das Vorderrad. Es war kein schlimmer Sturz, doch bis das Bike geborgen war und es wieder einsatzbereit gewesen wäre, war die Session zu Ende. Sehr bitter, denn mit der Zeit vom Freitag wäre ich immer noch auf Rang 8 gewesen und ich hatte noch zwei Hinterreifen zur Verfügung. Mit meiner zweiten Runde fuhr ich auf Rang 11, was leider alles andere als unser gestecktes Ziel war.

Also voller Fokus auf die Rennen. Von Startposition 11 war noch nichts verloren. Im Warm Up am Sonntagmorgen fuhr ich mir den Sturz aus den Knochen. Ich wurde jede Runde schneller, doch das beste Gefühl hatte ich noch nicht. Nichtsdestotrotz: Volle Konzentration und Attacke! Mein Start in Lauf Eins war nicht gerade der Beste. Ich verlor ein paar Positionen und musste mich von noch weiter hinten durchkämpfen. Ich überholte ein paar Fahrer in den ersten Runden, stagnierte aber auf Rang 13. Und ich konnte nicht schneller. Ich hatte kein Gefühl für das Motorrad und nahezu in jeder Kurve konnte ich die Linie nicht halten. Dabei kam ein enttäuschender 12. Platz heraus. Lag es an mir? War ich durch den Sturz zu vorsichtig? Oder war irgendetwas am Bike? Ich sammelte mich und konzentrierte mich darauf, in Lauf Zwei alles rauszuholen: Dieses Mal gelang der Start besser, doch in Kurve 4 touchierte sich zwei Fahrer und ich musste ein wenig ausweichen. Dadurch verlor ich erneut zwei Positionen. Ich kämpfte mich zurück, doch nach ein paar Runden war erneut Schluss mit flotten Rundenzeiten. Ich konnte wie in Lauf Eins einfach nicht schneller! Dann wurde ich sogar noch auf Rang 14 verdrängt. In der letzten Runde konterte ich und holte mir den 13. Platz. Dennoch eine Enttäuschung. Ich wusste ehrlich gesagt nicht was los war. Ich hatte ein sehr schlechtes Gefühl beim Einlenken auf der Bremse, aber mehr konnte ich dazu nicht sagen.

Nachdem das Bike aus dem Parc Fermé zurückgekommen war, nahmen es meine Mechaniker auseinander. Dabei bemerkten sie, dass die Bremsbeläge verbrannt aussahen. Als wir uns die Daten der Rennen ansahen, bemerkten wir, dass ich gegenüber meinem Teamkollegen, der die Rennen in den Top 5 beendete, lediglich beim Anbremsen verlor. Auch gegenüber meinen Trainingsdaten. Der Bremsdruck war nicht so stark, was wahrscheinlich auf das mangelnde Gefühl mit den verbrannten Bremsbelägen zurückzuführen ist. Ganz sicher wissen wir es nicht, aber es sieht stark danach aus, als ob das der Grund für die schlechte Performance war.

So richtig laufen wollte es in dieser Saison einfach noch nicht. Doch das Saisonfinale in Hockenheim stand noch bevor und damit eine weitere Chance in diesem Jahr richtig aufzuzeigen!

Es wird spannend …

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